„Kristallnacht“ in Burghaun

Auch in Burghaun tobten sich NS-Genossen während der Reichspogromnacht vom November 1938 eifrig aus. Schon während der Nacht vom 9. auf den 10. November begann man, die jüdische Volksschule zu demolieren. In den frühen Morgenstunden riss man das ganze Mobiliar heraus, warf es in die Synagoge, übergoss es mit Benzin und zündete es an. Etwa gegen 10 Uhr stand die Synagoge in hell lodernden Flammen und brannte vollkommen aus.

Rückseite der Synagoge im Sommer 1938
Rückseite der Synagoge im Sommer 1938
Nach der Schandtat vom 10. November 1938
Nach der Schandtat vom 10. November 1938

  • Zeitzeuge

Heinrich R. war als Kind Augenzeuge der Ereignisse. Das damalige Geschehen hat sich tief in sein Gedächtnis eingeprägt. Ich wurde gebeten, keine Namen zu nennen.

 

„Am 10. November 1938, also vor 79 Jahren, war ich Augenzeuge des Geschehens in der Burghauner Ringstraße. In Deutschland begann am Abend des 9. November die so genannte Kristallnacht mit Brandstiftungen an jüdischen Einrichtungen.

 

Es war etwa 8 oder 9 Uhr morgens, als der Ruf der Nachbarin erklang: "Die Judenschule brennt"! Ich sprang auf den Hof und sah dicken Rauch in Richtung Synagoge. Mit kaum zugebundenen Schuhen lief ich los. Auf der linken Seite vor dem halb geöffneten Eisentor des Synagogenplatzes standen zwei weinende Frauen, die festgehalten wurden. Die wollten in die brennende Synagoge. Mit Schrecken sah ich die Flammen in dem Gotteshaus. Ein Stapel brannte wie ein kleines Hutzelfeuer. Hektisch liefen mehrere junge Männer mit Gegenständen und warfen sie auf das Feuer. Im Inneren der jüdischen Schule war ein Räumkommando aktiv, das alles, was nicht niet- und nagelfest war, nach draußen reichte: Bücher, Lehrmaterial, Schulranzen, Bänke, Stühle, Schränke. Sogar Fahrräder wurden nicht verschont.

 

Um die Schule herum war der Asoziale S. besonders aktiv. Er wohnte im Gemeindehaus auf der Insel neben dem Backhaus im Unterdorf. Mit einem Knüppel zerschlug er die Fensterscheiben des Hauses. Als das Schulgebäude geräumt war, geriet auch das oben links stehende Badehaus in Brand. Ebenfalls sehr aktiv waren die Burghauner Gebrüder B. (beide im Krieg gefallen), vom Schafhof die Ls. (zwei gefallen), vom Viehhof die Es. (einer gefallen), der dicke U vom Schornsteinfeger U., die vier Ms. und die zwei Hs. aus der Stadtstraße. W. B. ist noch zu erwähnen, der die in das oben genannte Gemeindehaus eingesperrten Judenmänner mit Fußtritten demütigte.“

 

  • Originalton Zeitzeugin Christiane Doll (verstorben):

 

Christiane Doll wurde von ihrem Vater zur Brandstelle geschickt "für später" - sie sollte also einmal davon erzählen. - Sie nennt den Namen Mali, den sie offenbar mit einer anderen Person verwechselt hat. Frau Stern, die zur Zeit der geschilderten Ereignisse in dem Gebäude der jüdischen Volkschule mit ihrer Familie wohnte hieß mit Vornamen Bertel. Hier ein Ausschnitt aus der Schilderung von Christiane Doll: