5. Stolperstein-Verlegung am 10. November 2023

Die 5. und letzte Stolperstein-Verlegung in Burghaun fand zusammen mit dem "Kristallnacht"-Gedenken der Marktgemeinde Burghaun am Freitag, dem 10. November 2023 statt. Die Einzementierung der Stolpersteine für Bella und Ferdinand Stern wurde von einem Mitarbeiter des Burghauner Bauhofes vorgenommen, nicht wie sonst üblich vom Künstler Gunter Demnig, dem Schöpfer des "Projektes Stolperstein", selbst.


Die Veranstaltung startete um 15.00 Uhr im Schlosshof mit einer Kranzniederlegung an der Gedenktafel. Der Vorsitzende der Gemeindevertretung Herr Mathias Rauschenberg hielt in Vertreteung des erkrankten Bürgermeisters eine kurze Gedenkrede zum 85. Jahrestag.

Schülerinnen und Schüler der Wigbertschule Hünfeld verlasen Ausschnitte aus dem Kapitel "Novemberpogrom 1938 in Burghaun - Chronik einer Schandtat nach Zeitzeugenberichten" aus dem Buch von Elisabeth Sternberg-Siebert zur Geschichte der Burghauner Juden.


Anschließend gingen die Versammelten in die nahegelegene Ringstraße, wo dann gegen 15.30 Uhr die feierliche Verlegung der beiden letzten Burghauner Stolpersteine vor dem Haus Ringstraße 3 zum Gedenken an Bella und Ferdinand Stern begann. Hier im früheren Haus Nr. 2, das bisher fast unverändert geblieben ist, waren Bella und Ferdinand geboren, hier hatten sie im Kreis einer großen Familie ihre Kindheit und Jugendzeit verbracht.

Eine alteingesessene Familie

Die Familie Stern war eine alteingesessene Burghauner Familie. Mehrere Generationen Stern lassen sich an den überlieferten Quellen sowie auf dem Friedhof eindrucksvoll nachweisen. Der älteste Urahne der Familie ist Nathan, Sohn des Jona. Er starb 1803, seine Grabstätte kann man auf dem ältesten Teil des jüdischen Friedhofes hier in Burghaun besuchen. Bevor Moses Stern um 1912 das Haus in der Ringstraße erwarb, wohnte er mit seiner Familie am Marktplatz Nr. 4.

Moses Stern (geb. 1881) war von Beruf Viehhändler. Er heiratete Rosa Stern aus der Schlossstra­ße, die ebenfalls 1881 geboren wurde und eine entfernte Verwandte von Moses war. Das Ehepaar bekam sechs Kinder:

Marjane geb. 1909

Bella geb. 1911

Jenny geb. 1915

Ferdinand geb. 1919

Sitta geb. 1921

Max geb. 1922


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Moses Stern um 1936 in Burghaun - Früheres Wohnhaus - Jenny & Bella  mit Cousine Elli Haas (Mitte)

Als die jüdische Bevölkerung in den 19dreißiger Jah­ren durch den Naziterror zunehmender Diskriminierung und Entrechtung ausgesetzt war, verschlechterten sich auch die Handelsbedingungen der jüdischen Händler.

Die wirt­schaf­tliche Existenzgrundlage der großen Familie Stern schwand mehr und mehr dahin, sodass die Familienmitglieder nacheinander nach Holland flüchteten. Bella, die sich vermutlich zuletzt in Frankfurt a.M. aufhielt, floh 1934 nach Holland, kurz danach folgte ihr dorthin auch Ferdinand. In Burghaun konnte mittlerweile eine Zwangsversteige­rung des Hauses nur knapp abgewendet werden. Die beiden Jüngsten besuchten noch die evangelische Schule in der Schloßstraße - Sitta bis Ostern 1935, Max bis Ende August 1936 - ehe auch sie mit den Eltern Burghaun verließen.

In Holland versuchte die Familie während der deutschen Besat­zungszeit „un­ter­zu­tau­chen“. So gelang es den Sterns bei verschiedenen nichtjüdischen Holländern ein Versteck zu finden. Zwei der Geschwister wurden entdeckt, sie konnten der Verhaftung durch die Gestapo nicht entgehen: Ferdinand und Bella.

Fer­dinand wurde am 4. Mai 1943 vom Sammellager Westerbork aus in das von den Deutschen besetzte Polen verschleppt – und zwar in das Vernichtungslager Sobibor im Distrikt Lublin. Dort wurde er vermutlich gleich am Tag seiner Ankunft ermordet, denn er starb bereits drei Tage später am 7. Mai. Bella kam im Vernichtungslager Auschwitz ums Leben, ebenso ihr Mann Jakob van Leeuwen. Bellas Todestag ist der 11. Februar 1944. Die anderen Familienmitglieder wurden gerettet.

Zu Ehren von Bella und Ferdinand Stern haben Sophie Hohmann und Elisabeth Sternberg-Siebert vom Geschichts- und Kulturverein eine eindrucksvolle Feier organisiert, bei welcher Stolpersteine vor ihrem früheren Elternhaus einzementiert wurden.

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